Faktencheck: Ich bin der Rudelführer!
STIMMT DAS?
NEIN
DIESE ANNAHME IST FALSCH.
WOHER KOMMT DIESE ANNAHME?
1970 veröffentlichte der US-amerikanische Verhaltensforscher David Mech ein Buch über seine Beobachtungen zu in Gefangenschaft lebenden Wölfen. Er schreibt darüber, wie diese Wölfe Hierarchien und Rangordnungen bilden.
Diese Beobachtungen wurden 1:1 auf das Zusammenleben zwischen Mensch und Hund übertragen. Der Mensch ahmte den Alphawolf – das Leittier – nach, dem sich der Hund in jeder Lebenslage zu fügen hatte.
Um als Rudelführer:in angesehen und respektiert zu werden, müssen sogenannte Rangreduktionsmaßnahmen konsequent umgesetzt und eingehalten werden:
- der Mensch isst vor dem Hund
- der Hund darf nicht erhöht liegen
- der Mensch bestimmt, wann gespielt wird
- der Mensch gewinnt immer das Spiel
- und noch so viele mehr
Jedes Nichtbeachten dieser Maßnahmen seitens des Hundes wird als rangeinforderndes Verhalten interpretiert.
WAS IST DRAN?
Kurz und knapp: Gar nichts. 1990 widerlegte David Mech seine eigene Theorie. Er beobachtete frei lebende Wölfe und stellte fest, dass diese einem fürsorglichen Familienverband gleichen, in dem sich liebevoll gekümmert wird. Ein frei lebendes Wolfsrudel besteht aus den Elterntieren und deren Nachkommen. In einem Rudel leben also verwandte Tiere.
FOLGEN
Leider hält sich die Theorie der Rangordnung von in Gefangenschaft lebenden Wölfen mit all ihren Konsequenzen hartnäckig. Unbewusst und ohne besseren Wissens werden Rangreduktionsmaßnahmen angewendet, “weil man das eben schon immer so macht” oder weil es auf den ersten Blick erfolgversprechend scheint.
Diese Maßnahmen haben jedoch weitreichende Folgen auf das Zusammenleben und die Beziehung zum Hund. Von einem gesteigerten Angst- oder Aggressionsverhalten, bis hin zu rastlosem, hibbeligen Verhalten sind die Auswirkungen facettenreich.
FAZIT
Der Mensch war und wird niemals Rudelführer sein. Hunde sind keine Wölfe, Menschen und Hunde bilden kein Rudel. Abgesehen davon sind sämtliche Rangreduktionsmaßnahmen nicht zielführend. Ganz im Gegenteil, sie schädigend die Hund-Mensch-Beziehung, das Wohlbefinden des Hundes und auf Dauer sogar die Gesundheit.