Die Rückkehr der Wölfe
nach Deutschland –
Kritisch hinterfragt
Teil 4
- Bild: Pixabay
Auf meiner Suche nach Argumenten, die Wolfsgegner davon zu überzeugen, dass ein Zusammenleben mit diesem scheuen und wunderbaren Raubtier problemlos möglich sei, erzielte ich ganz andere Ergebnisse als erwartet.
Viele Kontakte mit betroffenen Landwirten, Schäfern, Pferde- und Ziegenhaltern zeigten mir auf, wie groß das Leid dieser verletzten und getöteten Tiere war, aber auch wie groß der Schmerz über den Verlust dieser Tiere seitens des Menschen ist. Natürlich hinterfragte auch ich, weshalb der Schmerz beim Verlust eines Tieres durch den Wolf so hoch sei, wenn die Tiere doch eh der Schlachtung zugeführt würden. An diesem Punkt erfuhr ich, dass viele Weidetierhalter ihre Tiere eben nicht der Schlachtung zuführen, sondern sie dienen dem Erhalt der Landschaft oder es handelt sich um aussterbende Rassen, deren Genmaterial von sehr hoher Bedeutung ist.
Manche Tierhalter besitzen ihre Tiere einfach auch nur, weil sie diese Tierart lieben, so wie andere Menschen Hunde oder Katzen lieben. Aber selbst diejenigen, die ihre Tiere der Schlachtung zuführen, wünschen sich für diese einen schnellen und schmerzfreien Tod, ohne Angst und Panik, ohne stundenlanges Leid. In der Regel werden die Tiere aus Freilandhaltung nicht stundenlang durch Europa gekarrt, sondern einem nahegelegenen Schlachthof zugeführt. Der Artikel Aus dem Blickwinkel der Schäfer erlaubt einen informativen Einblick.
Pferdebesitzer, deren Pferde Kontakt mit Wölfen hatten, bekommen ihre Tiere teilweise nicht mehr auf die Weide – die Pferde haben Angst. Auch ist es keine Seltenheit, dass Pferde nach Wolfskontakt mit großer Angst oder Aggression auf Hunde reagieren, was zuvor überhaupt kein Thema war. Einigen Pferdehaltern sind ihre Tiere auch schon ausgebrochen und ja, es gab dabei auch schon sehr hohe Schäden. Natürlich liegt es nahe, dass in einem Wolfsgebiet auch der Wolf dafür verantwortlich ist, wenn es in wolfsfreien Zeiten nicht zu Ausbrüchen oder Panik in der Herde kam. Der Pferdesportverband Hannover hat in seinem Artikel Rückkehr des Wolfes: Nur mit Akzeptanz und Regulierung den Aktionsplan Wolf vorgestellt, welchem sich viele Vereine und Verbände angeschlossen haben.
Einige Mütter mit Kindern, die ein Pferd mit betreuten und somit auch immer wieder mal ausreiten konnten, erzählten mir, dass dies leider nicht mehr möglich sei. Es kam immer wieder zu Begegnungen mit Wölfen, die Reiter auch begleiten/verfolgen. Pferde sind Fluchttiere und die Gefahr, dass ein Pferd mit einem Kind auf dem Rücken scheut und flieht, sei einfach zu groß. Auch sonst hat sich das Leben, hauptsächlich der Kinder, auf dem Lande deutlich verändert, seit es Wölfe gibt. Spielen am Ortsrand oder im nahe gelegenen Wald ist ohne Begleitung Erwachsener kaum noch möglich bzw. nicht mehr erlaubt. Doch welches Kind möchte einen Erwachsenen dabei haben, wenn es abenteuerlich am Waldesrand spielt?
Politiker werden von Experten „gefüttert“. Sind diese Experten – aus welchen Gründen auch immer – sehr dafür, dass der Wolf weiterhin unter vollem Schutz steht, so erzählen uns die Politiker genau das, was z.B. der Nabu auch erzählt. Die Realität hat jedoch bewiesen, dass diese Geschichten zum großen Teil als Lügen zu bezeichnen sind.
Dazu gehört z.B. der Satz, dass es einem Sechser im Lotto gleichen wird, wenn Bürger einen Wolf zu Gesicht bekämen. Das Internet ist voll von Nahaufnahmen zwischen Mensch und Wolf – deutlich zu nah nach meinem Empfinden (unter 50 Metern).
Es wurde versucht den Bürgern zu vermitteln, dass Wölfe nicht springen und ein 90 cm hoher, stromführender Zaun einen Wolf ganz sicher abhalten wird. Die Realität erbrachte viele tote Weidetiere, auch bei angeblich wolfssicherer Zäunung. Manche Bundesländer haben „aufgerüstet“, so dass dort jetzt eine Zaunhöhe von 110 oder 120 cm vorgeschrieben ist. Aber in der Realität ist auch das kein Hindernis; wir erinnern uns an die Höhe der Zäune der Wolfsgehege in Tierparks und zoologischen Gärten.
Bei direkten Begegnungen mit einem Wolf oder einem Wolfsrudel, soll man sich groß machen, mit den Armen fuchteln, laut reden oder mit einem Stock den Wolf verscheuchen. Ein Tier mit einer „gesunden“ Fluchtdistanz wird nicht so nah kommen, dass es aktiv verscheucht werden muss. Von einem Raubtier habe ich definitiv die Erwartung, dass es Menschen meidet und bei einem zufälligen Kontakt sofort die Distanz vergrößert, also die Flucht ergreift (und nicht folgt oder näher kommt und Interesse zeigt), alles andere ist schlichtweg zu gefährlich. Wenig Beachtung bei solchen Hinweisen wird Menschen geschenkt, die Angst vor Hunden haben und somit erst Recht auch vor Wölfen. Ängstliche Menschen können sich nämlich häufig gar nicht so verhalten, wie empfohlen wird, weil ihr Gehirn das nicht zulässt. Senioren, Kinder und behinderte Menschen fallen dabei auch durch das Raster, weil sie körperlich gar nicht in der Lage sind, die Schutzmaßnahmen auszuführen. Was ist mit all diesen Menschen? Sind sie wirklich weniger „wert“ als freilebende Wölfe in unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft?
Ein weiteres Problem werden wir mit der Jagd bekommen. Mir ist bewusst, dass viele Menschen sich als Jagdgegner bezeichnen und von daher kein Problem darin sehen, dass die Jäger in Wolfsgebieten – somit eigentlich zukünftig in ganz Deutschland - nicht mehr auf die Jagd gehen können. Leider ist es so einfach nicht. Natürlich tötet ein Jäger auch mal Wild, dazu ist er mehr oder weniger durch die Abschusspläne (die er nicht selbst erstellt) verpflichtet. Aber die Hauptaufgabe des Jägers besteht eben nicht im Töten, wie leider auch von vielen Menschen (hauptsächlich Jagdgegnern) angenommen oder gar behauptet wird. Eventuell lohnt sich ja auch in diesem Punkt mal ein Blick über den Tellerrand?
Deutschland ist ein wild- und verkehrsreiches Land. Jährlich verunfallen auf deutschen Straßen ca. 260.000 Wildtiere (das sind 720 Tiere täglich!) und durch die Jagd werden weitere ca. zwei Millionen Wildtiere erlegt. Ohne Jagd hätten wir sehr schnell eine Wildtierplage mit hohen Schäden. In Wolfsgebieten sind die Jagdhunde stark gefährdet und die Jäger natürlich auch nicht bereit, ihre Hunde dem Wolf zu opfern. Dies gilt für Drückjagden (die von Wölfen teilweise begleitet werden, da sie gelernt haben, dass es Futter gibt wenn es knallt) als auch für Nachsuchen. Immer wieder treffen beim geschossenen Wild auf einen oder mehrere Wölfe – das sind kritische Situationen, im Besonderen für die Hunde. In den skandinavischen Ländern kommen jährlich mehrere Hunde trotz Schutzwesten durch Wolfsangriffe ums Leben. Ohne Hunde ist eine Jagd in der heutigen Zeit aber nicht mehr auszudenken.
All das, nur damit eine einzige Tierart vollen Schutz genießen darf und so gut wie keine Grenzen gesetzt bekommt.
Welchen Wert genießt also der Wolf im Vergleich zu anderen Tieren (Wild- und Weidetieren)?
Welchen gegenüber den Aktivitäten (joggen, walken, wandern etc.) von uns Menschen und damit verbunden unserer Freiheit und Sicherheit? Sind die Argumente der Wolfsschützer haltbar?
Welchen tatsächlichen Nutzen haben wir denn vom Wolf?
Die Geschichten und Erzählungen, wie toll sich der Yellowstone Nationalpark erholt hat nach der Wiederansiedlung des Wolfes werden sehr häufig als Argument des ökologischen Gleichgewichtes angebracht. Mittlerweile gibt es viele Studien und Untersuchungen, die das widerlegen, wie der Artikel Wunder Yellowstone-Nationalpark zeigt.
Der Wolf reguliert den Wildbestand – ist ein weiteres, häufig angewendetes Argument, da er alte, kranke und schwache Tiere frisst. Ja, Wölfe fressen das, was leicht zu erbeuten ist, dazu gehören auch trächtige Wildtiere und natürlich die Jungtiere, die nicht schnell genug entkommen können. In manchen Gebieten Deutschlands ist das Muffelwild bereits ausgerottet, dem Wolf sei Dank, worüber ganz aktuell die Sächsische Zeitung berichtet. In diesem Zusammenhang sind dann auch die Weidetiere wieder ein Thema, denn auch diese sind leichte Beute, da sie durch die Umzäunung nicht fliehen können und der Wolf somit häufig gleich viele Tiere auf einmal tötet oder schwer verletzt (Surplus Killing), ohne diese fressen zu können.
Mein Fazit
Was haben die letzten Monate, in denen ich mich intensiv mit der Thematik auseinander gesetzt habe, bewirkt? Ich liebe den Wolf noch immer, finde ihn noch immer fantastisch und würde mir nach wie vor nichts mehr wünschen, als ein friedliches Nebeneinander mit ihm.
Mir wurde aber auch klar, dass dies nicht einfach so möglich sein wird. Ich bin ein Typ Mensch, der das Rad nicht neu erfinden muss und ich greife auch gerne auf bewährte Erfahrungen meiner Mitmenschen zurück. Die Anzahl der Wölfe, die wir aktuell in Deutschland haben, verrichtet jetzt schon einen extrem hohen Schaden. Es werden abertausende von Euros (meist Steuergelder) für Präventionsmaßnahmen und Risserstattungen, Gutachten und DNA-Untersuchungen, Wolfsbüros, Schulungen der Beauftragten etc. ausgegeben bzw. auch zukünftig noch benötigt. Menschen, die auf dem Land leben, werden eingeschränkt, deren Tiere erleiden physische und psychische Schäden/Schmerzen und viele auch den Tod durch den Wolf.
Die Stadtbewohner, die nichts mit diesem Raubtier zu tun haben, da weit genug weg lebend, sind dafür, dass die Wölfe weiterhin unter vollem Schutz stehen – ohne Rücksicht auf die Landbevölkerung.
Diese Entwicklung heiße ich mittlerweile nicht mehr gut! Es kann nicht sein, dass ein Großteil der Bevölkerung „bestimmt“ wo es lang geht und ein kleiner, aber sehr wichtiger Teil der gleichen Bevölkerung, darunter massiv leidet.
Wo kommen wir denn hin, wenn die Landwirte und Schäfer aufgeben? Was passiert denn mit diesen Ländereien? Wer sich das nicht ausmalen oder vorstellen kann, darf gerne mal in Google nach „Land Grabbing“ suchen. Nicht nur Wirtschaftsunternehmen und die Politik haben daran Interesse, sondern auch die Naturschutzverbände, wie z.B. der Nabu. Was passiert mit den Tieren? Zurück zur Massentierhaltung, das ist der einzig verbleibende Weg, denn wir werden nicht alle zu Veganern. Ist es das, was wir wollen?
Wir brauchen eine Lösung!
Dörfer und Ortschaften sowie ein gewisser Radius drum herum müssen wolfsfrei bleiben. Bürger dürfen nicht derart eingeschränkt werden in ihren Aktivitäten. Stark besuchte Wald-/Wanderwege und Touristikgebiete müssen wolfsfrei bleiben bzw. können dort nur wirklich scheue Wölfe leben, die tatsächlich in einer Distanz von mindestens 200 Metern sofort beim Anblick die Flucht ergreifen. Gebiete in denen Schutzzäune nicht möglich sind, müssen ebenfalls komplett frei von Wölfen bleiben, so wie schon seit Jahren Gebiete komplett frei von Rotwild gehalten werden – da geht’s ja auch. Es wird dringend eine Rechtssicherheit benötigt in Bezug auf die Herdenschutzhunde; der Tierhalter wird mehr oder weniger zur Haltung „gezwungen“, hier fehlt Klarheit, wer im Falle eines Falles (Angriff eines Herdenschutzhundes auf einen vorbeilaufenden Menschen oder Hund...) haftet. Und wir benötigen auf alle Fälle Möglichkeiten, verletzte Wölfe schnell erlösen zu dürfen (ein angefahrener Wolf leidet derzeit teilweise Stunden, bis er getötet werden darf) sowie problematisch gewordene Wölfe, die eben doch näher kommen, keine Scheue bzw. Fluchtdistanz zeigen, unkompliziert zu entnehmen.
Das bedeutet definitiv NICHT, den Wolf auszurotten!
Weitere Informationen sowie Links und Nachweise können gerne im Blog Leben mit dem Wolf nachgelesen werden.
Ganzen Artikel von Elke Kauth lesen...?
- Die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland –
Biologie, Lebensraum, Vorkommen, Teil 1 - Schutz von Wölfen und/oder Schutz von Weidetieren?, Teil 2
- Hund oder Wolf?, Teil 3
- Kritisch hinterfragt, Teil 4
Zur Person

Elke Kauth, Hundeschule Red Bone
geboren 1962, Hundetrainerin seit 1993 mit den Schwerpunkten belohnungsorientiertes Training, Kommunikation und Kooperation zwischen Mensch und Hund. Hundeschule Red Bone oder bei Facebook Red Bone - Hundeschule und Verhaltensberatung.
Veröffentlicht am 28.11.2018
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