Suchst Du Kontakt?! – Der Knigge bei Hundebegegnungen
WISSENSWERTES ZUM FRED & OTTO STADTFÜHRER MITTELFRANKEN
Kapitel “Freilauf ohne Strick” (Zusatzkapitel)
- Manch einem Hundehalter wird es Angst und Bange, wenn er von weitem einen fremden Hund erblickt. Die Sorge darüber, wie eine Begegnung mit ungleichen Größen- bzw. Kraftverhältnissen ausgehen könnte, Gedanken an vergangene, vielleicht schlechte Erfahrungen, lassen bei vielen Hundehaltern die Alarmglocken läuten. Am liebsten möchte man mit seinem Hund nur noch in einem großen Loch verschwinden – aber es ist längst zu spät, denn der “Der-tuuuuuuut-Nix!!!” kommt im selben Moment und in großer Geschwindigkeit angerannt…

Hundetrainerin Bettina Haas mit Charly (Foto: Bettina Haas)
Für solche Situationen gibt es keine Patentrezepte, wie man sich verhalten sollte, aber grundsätzlich ist es wichtig, “erst einmal einen kühlen Kopf zu bewahren und ruhig zu bleiben. Wird der Hundehalter nämlich selbst hektisch oder nervös, wenn er einen anderen Hund sieht und sich das Schlimmste dabei ausmalt, spürt der eigene Hund diese Stimmung und unerwünschtes Verhalten wird wahrscheinlicher.”, erfahren wir im Gespräch mit Hundetrainerin Bettina Haas, die ihre Hundeschule “Hundetraining Hersbruck” seit 2012 betreibt. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Alltagstraining, sowohl für erwachsene Hunde als auch für Welpen und Junghunde. Bettina Haas ist geprüftes Mitglied im Berufsverband IBH und absolviert derzeit eine Weiterbildung zur CumCane-Trainerin, die sie voraussichtlich 2015 abgeschlossen haben wird. Von ihr erfahren wir Auszüge aus dem Hundehalter-Knigge und Interessantes aus dem komplexen Bereich der Körpersprache von Hunden.
TREFFEN MIT EINEM ANGELEINTEN HUND
Trifft man auf einen an der Leine geführten anderen Hund, gilt stets die Regel: “Rufen Sie Ihren Hund freundlich zurück oder sprechen Sie ihn an und nehmen Sie ihn zügig an die Leine.” Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt – also immer. Auch dann, wenn Ihr Hund den entgegenkommenden Hund bereits kennt, Artgenossen über alles liebt, gerne spielt oder niemals einem anderen Hund etwas zu Leide tun würde. Höflich, respektvoll und angebracht ist es, den anderen Hundebesitzer vor der Kontaktaufnahme zu fragen, ob er den direkten Kontakt der Hunde möchte.
Seinen Hund ungefragt einfach zu einem anderen Hund hinrennen zu lassen, kann unangenehme oder schlimme Folgen haben, denn es gibt viele Gründe, warum sich ein anderer Hundehalter dazu entscheidet, keinen Kontakt zuzulassen: Einer der beiden Hunde zeigt durch Meide- oder Drohverhalten körpersprachlich deutlich, dass er keinen Anschluss sucht oder aber der Hund wurde frisch operiert, ist gerade leicht reizbar, körperlich eingeschränkt, verletzt oder hat Schmerzen. Er kann von Parasiten befallen sein oder ansteckende Krankheiten haben, läufig sein oder er kommt mit bestimmten Hundetypen bzw. einem Geschlecht nicht gut zurecht. Vielleicht möchte der Hundehalter schnell weitergehen, weil er es eilig hat oder ihn plagt die Sorge, ob die Begegnung wohl glimpflich ausgehen wird, weil er in letzter Zeit schlechte Erfahrung gemacht hat? Der Hund könnte unverhofft Angst- oder Aggressionsverhalten zeigen, höfliches Begrüßungsverhalten und freundliches Spiel noch nicht gut genug gelernt haben oder er kommt noch nicht zuverlässig zurück und der Besitzer möchte seinen Hund deshalb nicht ableinen. Oder, oder, oder…
Warum auch immer, führt ein Hundehalter seinen Hund hier und jetzt an der Leine spazieren, wird er einen Grund dafür haben. Wünscht ein Mensch – oder Hund (Achten Sie auf seine Körpersprache!) – keinen Kontakt, respektieren Sie das, bedanken Sie sich für die Offenheit und bemühen Sie sich, möglichst großräumig auszuweichen und direktes Anstarren zu vermeiden, in dem Sie zum Beispiel etwas zur Seite gehen oder in einen Weg einbiegen.

Hat man es eilig oder sollen Hunde aus anderen Gründen keinen Kontakt haben, führt man sie am besten an der abgewandten Seite (Außenseite) vorbei. (Alle Fotos: Sandra Wierszyn)
TREFFEN MIT EINEM FREILAUFENDEN HUND
Trifft man auf Spaziergänger mit einem freilaufenden Hund, nehmen Sie Ihren Hund an die Leine, wenn Sie befürchten, dass Ihr Hund dort hinrennen würde oder wenn Sie bereits ahnen, dass er nicht zuverlässig zurückkommt, wenn sie ihn rufen. Auch im Freilauf gebietet es der Anstand, vor der Kontaktaufnahme zu fragen, ob Kontakt und Spiel gewünscht ist!
Zeigt Ihr Hund Konfliktzeichen, Meide-, Angst- oder Drohverhalten, braucht er unbedingt Ihre Unterstützung! Leinen Sie Ihren Hund zur Sicherheit an und bitten Sie den anderen Hundehalter freundlich, seinen Hund auch anzuleinen oder zurückzurufen. Leichte Hunde kann man in brenzligen Situationen auch auf den Arm nehmen, wenn die Größen- oder Kraftverhältnisse ungünstig sind. Damit Ihr Vierbeiner in Zukunft in Begegnungssituationen gelassen bleibt, keine Angst mehr bekommt und selbstbewusster wird und Sie die Feinheiten der hundlichen Körpersprache schneller erkennen und richtig interpretieren können, ist es ratsam, sich von einem Hundetrainer anleiten zu lassen. In sogenannten “Social Walks” kann man Begrüßungsverhalten an der Leine und im Freilauf, Hundekontakt, Spiel und Begegnungssituationen unter fachkundiger Anleitung in einer kontrollierbaren Trainingssituation üben.

HUNDEZONEN UND AUSLAUFGEBIETE
Ein weiteres ungeschriebenes Gesetz unter Hundehaltern: Wer sich in Hundezonen und beliebten Auslaufgebieten mit seinem Hund aufhält, sollte mit kontaktfreudigen Hunden im Freilauf rechnen, vor allem dann, wenn er dort zur “Hundehalter-Rush-Hour” spazieren geht. Hier wird in der Regel nicht nachgefragt, ob man ausgiebiges Spiel für gut befindet, sondern geht einfach davon aus, dass der Hund generell sozialverträglich ist. Mit Hunden, die sich in Gegenwart anderer oder vieler Hunde oder Menschen nicht wohl fühlen, mit hoher Wahrscheinlichkeit ängstlich oder aggressiv reagieren, sollte man ein ruhigeres Plätzchen aufsuchen oder sich dort nur außerhalb der Hauptzeiten aufhalten.
WIE SIEHT HÖFLICHES BEGRÜßUNGSVERHALTEN UND FREUNDLICHES SPIEL AUS?
Bei den vielen unterschiedlichen Hundetypen ist das Begrüßungs- und Spielverhalten, sowie das Ausdrucksverhalten sehr individuell.
Bei der Begrüßung sollten die Hunde sich nicht auf den Boden ins Platz werfen, um in Lauerposition starrend zu verharren, bis sie dann kerzengerade, wie ein Pfeil, frontal aufeinander zurennen. Stattdessen sollen Hunde bei der Begrüßung einen Bogen laufen, sich kurvig mit viel Bewegung im Körper annähern und die Geschwindigkeit dabei etwas drosseln. Die meisten Hunde beschnuppern sich gegenseitig erst einmal am Hinterteil und entscheiden sich dann, ob sie noch ein bisschen kaspern, ein Spiel einleiten oder jeder seiner Wege geht. Generell sollten die Hunde lernen, die Körpersprache des Gegenübers zu achten und darauf abgestimmt zu antworten und nichts zu unternehmen, was der Artgenosse nicht mag.
Gleiches gilt für das Spiel. Jagd- und Rennspiele dürfen nicht ins Jagd-, Hüte-, Aggressionsverhalten oder Mobbing kippen. Größen- und Gewichtsunterschiede sollte der “stärkere” Hund durch Umsicht ausgleichen, d.h. vorsichtiger und langsamer als üblich spielen oder sich zum Beispiel dabei hinlegen. Harmonisches Spiel unterbrechen die Hunde von Zeit zu Zeit mit einer kleinen Spielpause selbstständig, ansonsten sollten die Bezugspersonen dafür sorgen. Erkennt man erste Anzeichen, dass es einem Spielpartner zuviel wird, sollte das Spiel unterbrochen werden, um unerwünschtem oder aggressivem Verhalten vorzubeugen.

KANN MAN EINEM HUND SOZIALES VERHALTEN ÜBERHAUPT BEIBRINGEN?
Das Erlernen von sozialem Verhalten beginnt kurz nach der Geburt. Mit zunehmender Mobilität des Welpen wird das Gelernte durch neue Lernerfahrungen und Verfeinerung der Kommunikationsfähigkeiten ergänzt. Sowohl genetische Faktoren als auch Erfahrungen spielen bei der Entwicklung von Sozialverhalten eine große Rolle. Man kann also nicht sagen, der Welpe ist von Geburt an “sozialkompetent”. Er muss es in jedem Fall lernen. Manche Hunde haben Glück und lernen es leicht, andere brauchen mehr Unterstützung, vielleicht weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben, nicht gesund sind, genetisch bedingt ungünstiges Verhalten zeigen oder über- oder unterfordert wurden. Eine Überforderung des Welpen durch zu große, unbeaufsichtigte Welpenspielgruppen oder zu häufige Hundebegegnungen sollte vermieden werden. Hunde, die mit Welpen in Kontakt kommen, sollten selbst ein sehr gutes Sozialverhalten haben. Sie dürfen den jungen Hund aber auch souverän in seine Schranken verweisen, wenn es sein Verhalten oder die Situation erforderlich machen. Zu erkennen ist ein souveränes Eingreifen eines älteren Tieres daran, dass der Welpe die Grenze sofort akzeptiert, ohne dabei ängstlich zu werden.
Unterstützung kann der Hundehalter leisten, indem er dem Hund freundliche Rückmeldung für erwünschtes und freundliches Verhalten gibt und dieses positiv verstärkt, spielende Hunde aufmerksam beobachtet, um frühzeitig Konflikte zu erkennen und gegebenenfalls einzugreifen. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B. ein zuvor gut trainiertes Entspannungs- oder Rückrufsignal. Auch ältere Hunde können noch gutes Verhalten bei Begegnungen mit Artgenossen lernen. Das viel zitierte “Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr…” stimmt nicht, denn Hunde (und Menschen) können ein Leben lang lernen.

Begrüßungen an der Leine müssen geübt werden, damit sie ruhig und freundlich ablaufen und nicht in wildes Rennspiel ausarten.
- Was kann ich tun, wenn eine Hundebegegnung droht, zu eskalieren?
- Selbst ruhig bleiben. Nicht schrill rufen, schreien, schimpfen.
- Bedrohung und Einschüchterung unterlassen (Leine werfen, treten, schlagen), denn dies kann erst recht dazu führen, dass aggressives Verhalten auftritt.
- Entspannungssignal geben, wenn es vorher gelernt wurde.
- Erwünschtes Verhalten mit dem Markersignal verstärken und/oder mit der Stimme loben! Dies kann sein: zur Seite schauen, abwenden, nicht angreifen, nicht bedrängen und eigentlich alles, was nicht deutlich aggressiv ist. Wenn möglich den offensiven (bedrängenden, “aggressiven”) Hund herausrufen oder zu sich locken – niemals den defensiven, bedrängten Artgenossen! Bezugspersonen gehen in verschiedene Richtungen auseinander. Erneutes Herausrufen versuchen und wenn dies klappt, nach dem Hund greifen, um ihn festzuhalten und hochwertig zu belohnen.
- Zeigt einer der Hunde Stress, Konflikt- oder Drohsignale sollte man die Interaktion der Hunde sehr genau beobachten, um eine Eskalation zu vermeiden. Im Zweifelsfall kann es sinnvoll sein, eine kurze Pause einzulegen, indem man beide Hunde zurückzuruft. Danach kann man individuell entscheiden, einen weiteren Versuch zu starten, ein Stück gemeinsam an der Leine zu gehen oder auch getrennte Wege zu gehen
WAS IST ZU TUN, WENN ES EINE BEIßEREI GAB?
- Ruhe bewahren!
- Hunde nach Möglichkeit auseinander bringen: Eventuell eine Jacke oder Decke über die Hunde werfen, dann schnell und gezielt trennen. Vorher überlegen, ob das eigene Verletzungsrisiko zu groß ist! Niemals in der Beißsituation zwei ineinander verbissene Hunde auseinanderziehen, sonst gibt es besonders große Verletzungen!
- Alle Hunde in großem Abstand zueinander vorort gründlich untersuchen, ob ernste Verletzungen bestehen, Hunde ggf. versorgen, erste Hilfe leisten und/oder Hilfe anfordern.
- Immer Kontaktadressen aller Beteiligten austauschen.
- Zur Sicherheit den Hund beim Tierarzt vorstellen oder ggf. eine Tierklinik aufsuchen
- Bei einer leichten Rauferei ohne Verletzungen: Beide Tiere in Sichtweite zueinander, aber sicherem Abstand, entspannen lassen. Erst in einem entspannten Zustand den Ort und den anderen Hund verlassen.
- An den darauffolgenden Tagen an diesen Ort zurückkehren und dort angenehme, schöne oder spaßige Übungen, Spiele, Denk- und Knobelaufgaben, Tricks oder Entspannungsübungen machen.
- Was kann man tun, wenn ein Hund sehr aufgeregt ist, wenn er auf einen anderen Hund trifft?
Ein hohes Erregungsniveau, verursacht durch Aufregung, große Freude oder auch Unsicherheit, zieht oft Übersprungsverhalten, unerwünschtes oder aufdringliches Verhalten nach sich. Deshalb ist es wichtig, das Erregungsniveau vor der direkten Begrüßung zu senken. Folgendes kann man tun:
- Ruhige Begrüßungen und freundliche Hundebegegnungen üben.
- Anstarren vermeiden, indem man mit seinem Hund in Bewegung bleibt, z.B. ein Stück gemeinsam und an der Leine mit Abstand zueinander gehen (hintereinander, parallel oder in Bögen).
- Blickkontakt freundlich unterbrechen, indem man den Hund freundlich mit seinem Namen anspricht oder ihn in ausreichend Abstand zum anderen etwas Futter auf den Boden streut.
- Manchen Hunden hilft es, ein Spielzeug im Maul zu tragen oder darauf herumkauen zu können.
Informationen zu Hundetrainerin Bettina Haas
Bewusstheit Hund
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