Clickertraining mit Hühnern – Warum sind Hühner gute Lehrer und was hat das mit Hundetraining zu tun?
Andere Tiere (als Hund), Lernen und Trainingsprinzipien, Training & VerhaltenHÜHNER SIND IDEALE TRAININGSMODELLE
Nur die wenigsten von uns brauchen ein trainiertes Huhn. Dennoch ist die in das Training mit den Hühnern investierte Zeit sinnvoll, um die eigenen Trainingsfähigkeiten zu verfeinern und im Hundetraining effektiver arbeiten zu können.
“Man bekommt das Verhalten, das man clickt und nicht das Verhalten,
das man sich wünscht.” (Bob Bailey)

Während der Trainingstage wohnen die Hühner in einzelnen Käfigen und stehen auf Gummimatten. In ihrer Freizeit leben die Hühner in einem großen Stall oder dürfen sogar frei über den Bauernhof von Viviane Theby laufen. Im Kochtopf landen die schlauen Hühner natürlich nicht.
TIMING VERBESSERN
Ein wesentlicher Aspekt im Tiertraining ist das Bestätigen von gewolltem Verhalten im richtigen Moment . Das Timing muss stimmen, damit das Tier im richtigen Moment eine positive Rückmeldung bekommt und dieses Verhalten öfters zeigt. Die Herausforderung dabei ist, genau den richtigen Moment zu finden. Dazu ist erforderlich, dass man das Tier genau beobachtet und schnelle Entscheidungen trifft. Da Hühner sich sehr schnell bewegen, ist es umso schwerer genau zum richtigen Zeitpunkt zu clicken. Clickt man zu früh oder zu spät, hat man vielleicht das falsche Verhalten bestätigt. Möchte man einem Huhn z.B. beibringen sich im Kreis zu drehen, clickt aber erst, wenn es in der Bewegung wieder langsamer wird oder sogar steht, hat man innerhalb kürzester Zeit ein stehendes Huhn. Das Tier zeigt genau das Verhalten, das sich gelohnt hat. Es wurde dafür bestätigt worden langsamer zu werden, also bleibt es beim nächsten Click gleich ganz stehen.
Um diese Herausforderung zu meistern, bedarf es viel Übung. Mit der Übung kommt aber dann auch die Meisterschaft des richtigen Timings beim Bestärken von Verhalten. Hat man seine Reaktionsfähigkeit beim Training mit Hühnern geschult, kommt einem die Arbeit mit Hunden vor wie Zeitlupe.
KEINE STARKE BINDUNG
Ein weiterer Vorteil beim Training mit einem Huhn ist: Der Trainer hat keine Beziehung zu dem Huhn, wie beispielsweise zum „besten Freund des Menschen“. Deshalb kann der Trainer sich voll und ganz auf das Verhalten konzentrieren, ohne eigene Gefühle und Erwartungen in das Tier zu projizieren. „Jetzt will er mich ärgern“ oder ähnliche Sätze, hört man eher von Hundebesitzern als von Hühnerhaltern. Im Training über die operante Konditionierung geht es um Verhaltenänderung und nicht um Gefühle. An einem Beispiel möchte ich deutlich machen, was damit gemeint ist.
Eine Aufgabe im Hühnermodul ist es, ein zuvor auftrainiertes Verhalten umzutrainieren. Das Huhn soll nun nicht mehr auf den trainierten grünen Target picken, sondern auf einen roten. Bekommt das Huhn dann den grünen Target vorgelegt und wird dafür nicht mehr bestätigt, pickt es mit aller Kraft auf den Target und durchlöchert ihn vielleicht sogar. Häufig ist dann die erste Reaktion des Trainers „mein Huhn ist frustriert“. Konzentriert man sich als Trainer jedoch nur auf das Verhalten, zeigt das Huhn genau das Verhalten, das zuvor bestätigt wurde. Welche Möglichkeit habe ich als Trainer dieses Verhalten zu ändern? Ich könnte beispielsweise anfangen zu clicken, kurz bevor das Huhn am Target ist. Da sich sehr kräftiges picken für das Huhn nun nicht mehr lohnt, wird es schnell damit aufhören (und ist vielleicht auch nicht mehr frustriert).
Ein weiterer positiver Aspekt, um die Trainerfähigkeiten zu schulen ist, dass Hühner im Vergleich zu Hunden, auch keine starke Bindung zum Menschen haben. Sie wollen uns nicht gefallen und ein Huhn mit „will to please“ ist bisher noch nicht gezüchtet worden. Hühner nehmen keine Rücksicht auf die Gefühle der Trainer und drücken im Training schon gar keine (Hühner)Augen zu.
Ausdauernde TrainingspartnerIn der Natur fressen und picken Hühner den ganzen Tag. Das macht sie zu ausdauernden Trainingspartnern. Während der Seminare arbeiten die Hühner die lange Zeit von 10.00 bis 17.00 Uhr konzentriert mit. Dies ist ein weiterer positiver Aspekt für Seminarsituationen. Erholungspausen bekommen die Hühner natürlich genauso wie die Trainer auch.
PRAKTISCHES TRAINING IN DEN 5 HÜHNERMODULEN
Jeder, der mehr Interesse an dem Training mit Hühnern bekommen hat, kann seine Trainingsfähigkeiten in einem Hühnermodul von Viviane Theby verbessern. Dies gilt sowohl für interessierte Hundehalter als auch für Tiertrainer jeglicher Art.
In 5 Modulen stehen Themen wie Timing, Belohnungsrate, das Schreiben von Trainingsplänen, der Aufbau von zuverlässiges Verhalten unter Signalkontrolle, Verhaltensketten trainieren etc. auf dem Programm.
Ein Modul besteht aus 5 Trainingstagen. Jedem Teilnehmer werden zwei Hühner zugeteilt, denen sie unterschiedliche Aufgaben beibringen dürfen. Den Hühner wurde zuvor beigebracht, vom Menschen angefasst zu werden, auf einem Tisch zu stehen und ein Target zu picken. Die Aufgaben sind vielfältig und die Anforderungen steigern sich. Mit jedem Huhn kann man sich ein bronze-, silber- und goldfarbenes Ei verdienen, wenn man seinem Huhn die entsprechenden Aufgaben beibringt.
Die Aufgaben für ein Huhn des 1 Moduls:
Bronzefarbenes Ei: Um ein bronzenes Ei im ersten Modul zu bekommen, bringt man seinem Huhn bei, 4 Formen zu unterscheiden.
Silberfarbenes Ei: Für ein silbernes Ei soll das Huhn 20 Sekunden warten, wenn die richtige Form nicht vorliegt. Es soll nichts anderes währenddessen machen, sondern so lange still warten, bis die richtige Form wieder da ist. Um dies noch schwieriger zu gestalten, wird versucht, das Huhn mit allen möglichen Mitteln dazu zu bringen, ein anderes Target zu picken.
Goldfarbenes Ei: In der letzten Aufgabe des ersten Moduls soll das Huhn innerhalb von einem Trainingsdurchgang auf einen neuen Target trainiert werden. Hat man dies seinem Huhn beigebracht, hat man sich ein goldenes Ei verdient.
LERNEN FÜR DAS HUNDETRAINING
Mit positiver Verstärkung kann man ein Verhalten schneller, zuverlässiger und nachhaltiger ohne die Nebenwirkungen von Strafe trainieren. Eine sogenannte Win-win-Situation für das Tier und den Trainer entsteht. Meiner Meinung nach bringt es Vorteile für das Training und alle Beteiligte, wenn jedem Trainer klar wäre, dass er sein Verhalten ändern muss, um das Verhalten des Tieres zu ändern und die Fehler bei sich sucht und nicht beim Tier. Es kommt nicht auf Dominanz im Training und Alltag an, sondern einfach auf das Bestätigen vom richtigen Verhalten im richtigen Moment.
Bob Bailey beschreibt das mit dem Satz: “Wir arbeiten hier an Verhalten, nicht an Beziehungen. Dass mir keiner eine Alfa-Rolle mit einem Huhn macht!”