Was Sie bei unerwünschten Hundebegegnungen tun können
In diesem Text finden Sie keine Anleitung, wie Sie Hunde trennen können, wenn sie sich verbeißen. Ich erkläre Ihnen, wie Sie damit umgehen, wenn ein fremder Hund bei Ihnen vorbeischauen will und Ihr Hund keinen Wert auf Kontakt mit Artgenossen legt.
Warum kommt es zu unerwünschten Hundebegegnungen?
Es wäre sicherlich wunderbar, wenn alle Hundehalter gegenseitig aufeinander Rücksicht nehmen würden und kein fremder Hund zu Ihnen gelaufen kommt, wenn Ihr Hund angeleint ist – aber wenn es doch einmal passiert, sollten Sie entspannt reagieren können. Anschuldigungen und Streit mit dem anderen Hundehalter tragen nichts zu entspannten Begegnungen zwischen Hunden und auch Menschen bei.
Der Hund kommt plötzlich um die Ecke
Manchmal tauchen Hunde und ihre Menschen einfach so auf. Wenn das Gebiet nicht gut einsehbar ist und Ihr Hund frei läuft, oder freilaufende Hunde dort unterwegs sind, sollten Sie damit rechnen, dass es zu einem plötzlichen Treffen kommt. Wenn Sie ungewollte Hundekontakte sehr stressen und Ihr Hund ein Problem damit hat, sind Gassigebiete, die Sie gut einsehen und einschätzen können, für Ihren Hund und Sie die bessere Wahl.
Der Hund ist krank!
Egal, wie jung oder alt ein Hund ist, wenn Hunde krank sind, ist Hundekontakt oft stressend und unnötig. Außerdem können kranke Hunde ansteckend für andere Hunde sein. Schmerzen im Bewegungsapparat oder der inneren Organe können ebenfalls ein Auslöser für Stress bei Hundebegegnungen sein. Auch kann es sein, dass eine Hündin läufig ist und der die Hundehalter deshalb seine Hündin lieber an der Leine lässt.
Die Leine wird übersehen
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich vor circa sieben Jahren eine Flexileine übersehen habe. Die Sonne hat uns geblendet und die andere Frau kam entspannt auf meinen Hund Paco und mich zu. Die dünne Flexileine habe ich übersehen, weil sie den Kasten der Flexileine hinter ihrem Rücken hielt. Als ich die Leine am Hund gesehen habe, waren Paco und ich nur noch wenige Meter entfernt. Der Rückruf hat zwar geklappt, aber ich habe eine Standpauke bekommen.
Der Hund ist nicht abrufbar
Nicht immer bedeutet eine Leine am Hund auch, dass kein Kontakt erwünscht ist. Manche Hunde sind nicht abrufbar (oder der Mensch möchte auf Nummer sicher gehen), weil sie noch mitten im Training stecken, ganz neu in der Familie sind oder weil es zum Beispiel in dem Gebiet sehr viel Wild gibt. Fragen Sie deshalb lieber nach oder beobachten Sie das Verhalten des anderen Hundehalters. Fragen Sie sich, ob ein Kontakt an der Leine zu einem anderen Hund überhaupt passend ist.
SO SOLLTEN SIE SICH VERHALTEN BEI UNERWÜNSCHTEN HUNDEKONTAKTEN
Der andere Hund kommt schon auf Sie zu und wenn Sie jetzt in Panik geraten oder sich aufregen, werden Sie nicht optimal reagieren. Bitten Sie erst einmal den anderen Hundehalter seinen Hund anzuleinen oder abzurufen. Das ist zumindest einen Versuch wert, auch wenn es nicht immer klappt.
Wenn sich der fremde Hund nicht abrufen lässt oder der Halter es nicht versucht, dann bleiben Sie ruhig. Sie können daran nicht viel ändern. Aber wenn Sie schimpfen, sich aufregen oder sich ärgern, wird Ihr Hund vielleicht auch vor Ihnen Angst bekommen und Sie sollten Ihrem Hund eine Stütze sein. Ihre Emotionen werden sich auf Ihren Hund möglicherweise übertragen.
Auch ich habe Momente, in denen es mir gehörig gegen den Strich geht und ich genervt bin, wenn ein fremder Hund zu uns kommt – obwohl ich möglichst viele Zeichen sende, dass ich keinen Kontakt will. Ich kann Ihnen deshalb sagen, dass die Situationen immer entspannt und einfach waren, wenn ich selbst freundlich und entspannt geblieben bin. Und ich hatte schon oft solche Situationen… denn es geht auch darum, was Ihr Hund langfristig in solchen Situationen lernt und ich finde, wir können immer versuchen das Beste aus solchen Situationen zu machen.
Bitte machen Sie sich keinen Druck. Sorgen Sie dafür, dass Sie entspannt bleiben können – zum Beispiel indem Ihr Hund einen bequemen Maulkorb trägt, sofern die Gefahr besteht, dass er einen anderen Hund verletzen könnte, sollte dieser zu nahe kommen.
Wenn Sie die Erfahrung machen, dass Sie solche Situationen handeln können, wird Ihr Selbstbewusstsein steigen und Sie werden sich sicherer fühlen. Damit wird es auch Ihrem Hund in solchen Situationen besser gehen!
Lesen Sie die Körpersprache der Hunde
Verschaffen Sie sich erst einmal einen Überblick. Beobachten Sie die Körpersprache und das Ausdrucksverhalten der Hunde – denn viele Hundebegegnungen verlaufen harmlos. Das Beobachten möglichst vieler Hunde gibt Ihnen Sicherheit, weil Sie lernen, wann Sie eingreifen sollten.
Wichtig ist, dass Sie in entspannten Situationen Ihren Blick für die Körpersprache von Ihrem und anderen Hunden schulen, damit Sie auch in stressigen Momenten die Situation schnell richtig einschätzen können. Damit in aufregenden Situationen zu beginnen, ist nicht hilfreich und wird Sie noch mehr unter Stress setzen.
Auch dabei sollten Sie entspannt bleiben, denn vielleicht findet Ihr Hund den anderen Hund okay oder der fremde Hund bleibt auf 5 Meter doch stehen und läuft lieber zurück. Ich schaue mir immer erst mal alles an. Und ich muss sagen, dass in 90% der Fälle die fremden Hunde doch lieber einige Meter vor uns stoppen und wieder abdrehen und das ohne menschliches Einwirken. Währenddessen belohnen wir unsere Hunde für das ruhige Warten. Solange der fremde Hunde keinen direkten Nasenkontakt mit meinen Hunden hat, beobachte ich alles und kümmere mich um meine Hunde. Denn wenn diese ruhig bleiben, wird es auch für den fremden Hund leichter.
Ist der fremde Hund schon bei Ihnen und Ihrem Hund angelangt oder gerade in Bewegung auf Sie zu, können Sie alle Signale nutzen, die Ihr Hund kennt. Besonders das Markersignal und auch das Entspannungssignal eignen sich perfekt. Sie schaffen eine gute bzw. entspannte Stimmung und Ihr Hund wird ansprechbarer.
Generell sollten Sie Ihren Hund auf jeden Fall ansprechen und nicht einfach warten, dass es zu einem Problem zwischen den Hunden kommt. Auch ein Rückruf oder ein Umorientierungssignal können hilfreich sein. Wenn Sie jetzt denken, dass Ihr Hund in so einer Situation gar nicht ansprechbar ist, empfehle ich Ihnen meine kostenlose dreiteilige Videoserie zum sicheren Rückruf.
Reden Sie nett mit dem fremden Hund
Ich spreche zuerst immer den fremden Hund freundlich an. Und ich muss sagen, dass in 95% der Fälle die Hunde mich dann kurz anschauen und nicht mehr meine Hunde, was die Situation entspannt. Ich glaube viele Hunde erwarten nicht, dass sie ein fremder Mensch mit freundlicher Stimme anspricht und das nutze ich aus. Der Überraschungseffekt ist dabei nämlich auf unserer Seite!
Dadurch dämpfe ich etwas das Tempo, mit dem der fremde Hund zu uns kommt. Das funktioniert meist aber nur einmal, deshalb sollten Sie das Ansprechen immer in Kombination mit anderen Strategien nutzen.
Lenken Sie den fremden Hund mit Futter ab
Achtung – dieser Tipp stößt auf Ablehnung und kann Streit mit dem anderen Hundehalter auslösen.
Sie können dem fremden Hund zum Beispiel eine Handvoll Futter hinwerfen. Nicht jeder Hund wird dann essen wollen, aber damit kann man einen Hund unter Umständen kurz stoppen und das Weite suchen.
Bitte denken sie daran, dass sie nicht wissen, ob der fremde Hund eine Futtermittelallergie hat. Aber ich weiß, dass viele Hundehalter es gar nicht mögen, wenn ihre Hunde gefüttert werden. Sie könnten damit eine Auseinandersetzung hervorrufen – aber zumindest wird der fremde Hund dann schnell abgerufen. Bitte bedenken Sie auch unbedingt, dass dieser Tipp nur umsetzbar ist, wenn Ihr Hund selbst kein Problem mit Ressourcenverteidigung hat. Andernfalls riskieren Sie einen Konflikt zwischen beiden Hunden.
Gehen Sie direkt auf den anderen Hund zu
Um einen fremden Hund zu blocken, muss dem Hund nicht das Knie in den Bauchraum gerammt oder schreiend auf ihn zugerannt werden. Es reicht, wenn Sie frontal auf den anderen Hund zulaufen und ihn direkt ansehen. Ich habe noch nie einen Hund erlebt, der dabei nicht mindestens einen Bogen gelaufen ist. Achtung – das sorgt sicher bei dem fremden Hund für etwas Unbehagen und könnte eine unangenehme Reaktion des Hundes hervorrufen.
Das funktioniert natürlich nur, wenn Sie mit jemand anderen unterwegs sind, Ihr Hund warten kann oder Sie Ihren Hund anbinden können. Sie sollten Ihren Hund nicht anbinden, wenn er das nicht kennt und dabei entspannt warten kann. Sollte der fremde Hund dann doch zu Ihrem angeleinten Hund laufen, hat Ihr Hund keine Chance wegzugehen.
Schaffen Sie Ablenkungen
Es ist immer gut, wenn der direkte Blickkontakt in einer angespannten Situation zwischen Hunden unterbrochen wird, denn dann haben beide Hunde die Chance zu gehen und im besten Fall ergreift einer der Hunde diese Möglichkeit. Außerdem wird es Ihrem und auch dem fremden Hund dann leichter fallen sich abrufen zu lassen.
Die Aufmerksamkeit der Hunde können Sie durch eine Ablenkung bekommen, die die Aufmerksamkeit der Hunde kurz auf sich zieht.
Sie können beispielsweise
- mit Ihrer Jacke wedeln (bitte nicht die Hunde treffen).
- hohe Geräusche von sich geben (gern auch Quietschen).
- durch die Hunde durch laufen. – Achtung, dabei müssen Sie den richtigen Augenblick abpassen und es kann auf die Hunde bedrohlich wirken.
Nach so einer Ablenkung sollten Sie sofort Ihren Hund ansprechen oder die Hunde abrufen. Denn wenn Sie danach nichts machen, nützt es Ihnen nichts kurz den Blickkontakt zu unterbrechen.
SO MACHEN WIR DAS
Spielen
Wir nutzen ganz oft bei unserem Hund Ascii ein Spielsignal. Und zwar das Signal “Zergeln”.
Wir spielen in so einem Moment mit Ascii ein Zerrspiel. Er verteidigt sein Spielzeug nicht und ist so auf das Zergel fokussiert und hat riesigen Spaß dabei, dass der andere Hund unwichtig wird.
Stopp
Wenn Ascii Kontakt zu einem fremden Hund hat und es nicht so gut passt, haben wir mit ihm trainiert, dass wir ihn nach einem Signal am Geschirr festhalten. Dieses Signal können wir aber nur nutzen, wenn der fremde Hund sowieso das Weite suchen will (oder der fremde Hund unbedingt mit Ascii spielen will). Dann bleibt Ascii stehen und der fremde Hund kann abziehen. Oder der fremde Hund kann von seinem Besitzer eingesammelt werden.
Die Einschränkung durch das Festhalten kann zu einer Auseinandersetzung führen, deshalb sollten Sie in jeder Situation neu einschätzen, ob es passend ist. Das hängt immer von allen Hunden ab, die involviert sind.
Wichtig ist dabei: Ascii kennt das Signal Stopp und erst danach greifen wir in das Geschirr und halten fest. Das wurde in entspannten Situationen trainiert und für das Festgehaltenwerden hat er immer eine Belohnung erhalten. Das beugt Frust und Aggression beim Festhalten vor.
Futtersuche
Oft lenken wir unsere Hunde auch mit einer Futtersuche ab, wenn ein fremder Hund auftaucht und Kontakt will. Das kann Ressourcenverteidigung auslösen, deshalb ist es wichtig in jeder Situation neu einzuschätzen, ob diese Strategie passt. Unsere Hunde Ascii und Paco verteidigen ihr Futter nicht und wir haben viel geübt, dass Futter zu suchen auch in der Nähe von anderen Hunden möglich ist. Für uns ist diese Strategie oft passend, weil sich Ascii dann gar nicht erst reinsteigern kann, wenn der fremde Hund zu ihm läuft. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass andere Hundehalter in so einer Situation schneller ihre Hunde abrufen, weil sie Angst haben, dass ihr Hund etwas von diesem Futter frisst und sie merken, dass unsere Hunde gerade beschäftigt sind. Es gab aber auch schon Momente, in denen die fremden Hunde einfach auch unser Futter gesucht haben. In so einem Moment belohnen wir Ascii und Paco bei uns, weil sie das aushalten können. Und wir geben ihnen dann das Signal zum Weitergehen.
Jede der Strategien müssen Sie vorher mit Ihrem Hund trainieren, denn gerade in stressigen Situationen ist es sonst zu schwer für Ihren Hund sie anzuwenden. Wichtig ist hier auch, dass Sie Stress bei Hunden gut erkennen können.
So sollten Sie sich verhalten bei unerwünschten Hundekontakten:
- Ruhig bleiben.
- Körpersprache der Hunde lesen.
- Signale nutzen, die Ihr Hund schon kennt.
- Nett mit dem fremden Hund reden.
- Den fremden Hund ablenken.
- Direkt auf den anderen Hund zugehen.
- Ablenkungen schaffen, auch für Ihren Hund.