Zeit für eine Pause beim Spaziergang mit dem Hund
WANN BRAUCHT MEIN HUND EINE PAUSE AUF DEM SPAZIERGANG?
WORAUF IST DABEI ZU ACHTEN UND WIE GESTALTE ICH PAUSEN WIRKLICH EFFIZIENT?

Auch mal die Zeit zusammen bewusst genießen. Der Spaziergang mit Hund ist mehr als nur Auslauf! (Bild: Sophia Betz und Dobermann Bambi)
Pausen sind wichtig, keine Frage.
Ruhe und Gelassenheit üben – im Alltag, auf dem Spaziergang ist wichtig. Keine Frage.
Nur worauf ist dabei eigentlich zu achten?
DAS ist die wohl viel wichtigere Frage.
In diesem Blogbeitrag möchte ich keine konkreten Trainingsanleitungen geben, wie genau man mit seinem Hund Gelassenheit üben kann. Viel mehr möchte ich das Drumherum beleuchten, auf Nebenwirkungen und Risiken eingehen. Ja, die gibt es nämlich. Wenn man es vielleicht gut meint, aber nicht gut macht. Genau darum wird es hier gehen.

Einige alte Hunde schließen während der Ruhepausen beim Spaziergang ihre Augen. (Bild: Australian Shepherd Jule, Claudia Matten)
Pause ist nicht gleich Pause. Viele Faktoren spielen eine wichtige Rolle:
WANN, WO UND WIE?
Das sind die Knackpunkte, die es differenziert zu betrachten gilt, die wir nun unter die Lupe nehmen.
Definition “Pause machen”
Was versteht man überhaupt darunter? Ich habe auf Instagram eine Umfrage gestartet, wie Hundehalter überhaupt “Pause machen” während dem Spaziergang definieren.
Ein paar der Antworten:
- “Runterfahren, wenig Bewegung, Freizeit, Wittern, Schauen, Sonne genießen, entspannen.”
- “Pause heißt für mich, die ständige Beflutung mit weiteren Eindrücken kurz zu pausieren. Reizflutpause.”
- “Der Hund darf stationär seinen Interessen nachgehen.”
- “Auf eine Bank setzen, atmen, Hund an langer Leine lassen und nicht weiter beachten.”
- “Ich mach Pause und der Hund darf sich auch mal frei machen, schnuppern, keine Kommandos.”
- “Pause an kurzer Leine. Der Hund soll einfach warten.”
Spannend, wie unterschiedlich jeder für sich das definiert. Was ich übrigens vollkommen in Ordnung und wichtig finde. Es ist ein individuelles Thema und jeder darf das für sich und seinen Alltag so interpretieren und umsetzen, wie er möchte und wie es für den Hund und alle beteiligten Familienmitglieder passt. Viele der oben genannten Punkte haben ihre Vor- und auch Nachteile. Ich passe die Art unserer Pausen, den Situationen entsprechend an.
Was bedeutet “Pause machen auf dem Spaziergang” für dich? Sind deine Definitionen den hier genannten ähnlich? Hast du weitere Punkte, auf die du Wert legst?
Meine Definitionen ergeben sich aus den einzelnen Punkten, die wir uns im weiteren Verlauf anschauen werden. Wenn mein Hund eine Pause zum Herunterfahren braucht und ich ihm dabei helfen möchte, sieht das ganz anders aus, als wenn ich eine Pause machen möchte und meine Hunde währenddessen Hundefreizeit haben.

Manche Hunde legen beim Warten und Entspannen den Kopf ab. Wird das Kopfablegen auf Signal über positive Verstärkung viel geübt und immer mal wieder abgefragt, bieten viele Hunde es irgendwann von selbst an und merken wie gut ihnen das beim Ausruhen hilft. (Bild: Boki und Lotte, Labradore, Sabine Schinner)
WANN IST ES ÜBERHAUPT SINNVOLL, EINE PAUSE EINZULEGEN?
- Es ist sinnvoll, mit seinem Hund eine Pause zu machen, wenn der liebe Fiffi total drüber ist. Damit meine ich, er ist so aufgeregt wegen XYZ* und reagiert deshalb nicht auf meine Signale, zieht wie ein Hornochse an der Leine und/oder kann kein Futter mehr nehmen.
- Oder ich bin gerade nervlich am Ende wegen XYZ* und merke, wenn ich jetzt nicht stehen bleibe und kurz durchatme, dann werde ich doof zu meinem Hund. Und ich will nicht doof zu meinem Hund werden, weil ICH mit mir ein Thema habe. Dafür kann mein Hund nichts. Das ist nicht fair.
- Ein wunderschöner Platz lädt einfach zum Verweilen ein. Das ist auf jeden Fall auch ein guter Grund, eine Pause einzulegen.
XYZ*: Was könnte das beispielsweise sein: eine Hundebegegnung, Wildsichtung, ein schlechter Tag, Radfahrer, (…).

Spiel, Beschäftigung und Action ist gut und wichtig. In Pausen kann auch gemeinsam gespielt, getobt oder natürlich auch trainiert werden. Wichtig ist es zu lernen Spiel und Training mit Ruhe und Gelassenheit zu beenden. (Bild: Bambi beim Zerrspiel, Sophia Betz)
WO GENAU IST ES SINNVOLL PAUSEN EINZULEGEN?
Gehen wir in der Auflistung des “Wann” von Punkt 1 aus, dann an Ort und Stelle. Genau da, wo der Hund so aufgeregt reagiert. Dieser mit Aufregung besetzte Ort, wird weiterhin Aufregung beim Hund auslösen, wenn wir nicht genau hier auch den Gegenspieler Entspannung hineinbringen und das Herunterfahren gezielt üben. Ja, das ist an manchen Orten eine echte Herausforderung und bedarf – je nach Problematik – noch weiterer Trainingsmaßnahmen.
Ich denke es ist selbstverständlich, dass darauf geachtet werden sollte, niemanden in Gefahr zu bringen. Weder den eigenen Hund, sich selbst, noch andere Lebewesen. Auf einer stark befahrenen Straße bleibe ich nicht stehen und lege eine Pause ein, wenn mein Hund wegen Autos aufgeregt reagiert. Da braucht es, wie gesagt, weitere Trainingsmaßnahmen im Vorfeld.
Für Punkt 2 des “Wann” gilt natürlich das Gleiche.
Zum dritten Punkt: Lädt ein schöner Ort ein und ich möchte es uns hier gemütlich machen, lohnt es sich vorab genau hinzuschauen. Ist es nass, sind dort Disteln, Ameisenhaufen oder Kothaufen, sodass mein Hund sich ungern setzen oder hinlegen möchte? Dieser Ort soll die Beruhigung unterstützen, nicht zusätzlich stressen.

Eine Decke kann als Ruhe-, Pausen- oder Entspannungssignal helfen während eines aufregenden Spaziergangs runterzufahren. Je nach Hundetyp hilft sie auch beim Hinlegen an sich, da der Untergrund trocken, weich, ggf. isoliert ist bzw. den eigenen/gewohnten Geruch angenommen hat. (Bild: Jule, Claudia Matten)
KOMMEN WIR ZUM WIE.
Das “Wie” ist meiner Meinung nach der Punkt, der so oft falsch verstanden und entsprechend problematisch umgesetzt wird.
Mein Hund ist überreizt, stark aufgeregt und ich möchte nun eine Pause einlegen, um ihn herunterzufahren. Um die trockene Theorie etwas greifbarer zu machen, möchte ich diesen Punkt gerne anhand eines konkreten Beispiels mit meinem Dobermannrüden Bambi durchgehen.
Ich hatte mit Bambi eine Hundebegegnung im Freilauf. Zwei Hunde haben auf einer Wiese geschnuppert. Bambi hat sich freundlich genähert und Kontakt zu den beiden fremden Hunden aufgenommen. Der Kontakt verlief sehr schön und wir gingen weiter. Hier ein Video von dieser Begegnung: https://www.facebook.com/EasyDogsBamberg/posts/855785628564191
Nach der Begegnung war Bambi sehr aufgeregt. Er ist gehüpft und hat stark gespeichelt. Also haben wir eine Pause eingelegt. Direkt auf der Wiese, auf der der Kontakt stattfand und der Geruch der Hunde noch anwesend war (soviel zum WO). Würde ich nun zu Bambi gehen und ihn streicheln wollen, kann es sein, dass das nicht zielführend ist. Meine Methode passt in dem Fall nicht zu seiner Stimmungslage. Er ist aufgeregt. Also habe ich ein Spielzeug rausgeholt und ganz wild mit ihm das Spielen angefangen. So kann er sich leichter auf mein Angebot einlassen. Klingt erstmal logisch. Ich hole Bambi da ab, wo er steht. Genau so aufgeregt, wie er in dem Moment ist. Mit dem Spiel wurde ich im weiteren Verlauf Stück für Stück ruhiger und habe nach und nach weitere beruhigende Elemente eingebaut, bis ich Bambi auf ein ruhiges und gelassenes Erregungslevel gebracht hatte. Erst dann sind wir weitergegangen. Das ist eine Ruheübung. Das ist eine Pause, in der der Hund lernt, sich selbst – nach aufregenden Situationen – zu regulieren. Durchatmen und wieder gelassen werden.
Was ich oft sehe, wenn es um das Thema Ruheübung geht, sind Menschen, die auf der Leine ihrer Hunde stehen, sie kurz angebunden halten und jedes winseln, fiepen und bellen ignorieren. “Sitz!” oder “Platz!” Kommando gibts noch dazu und dann heißt es aushalten, bis der Hund vermeintlich ruhig ist. Erst dann geht es weiter. Das große Problem dabei: der Frust! Das ist frustrierend für Hunde. Vielleicht schafft es der Hund sogar, “ruhig” zu liegen, bebt aber innerlich vor Anspannung. Ist der Hund wirklich ruhig, weil er entspannt ist? Oder ist er ruhig, weil er keine andere Lösung für sich findet und innerlich hilflos ist? Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Mehr zu diesem Thema könnt ihr hier nachlesen: https://www.facebook.com/EasyDogsBamberg/posts/859997664809654
Ein weiterer Punkt, den es zu berücksichtigen gilt, wenn das Stehen auf der Leine als Ruhesignal trainiert werden soll: Wie ist der aktuelle Trainingsstand? Ist der Trainingsschritt in genau dieser Situation passend gewählt? Wenn der Hund winselt, bellt oder fiept, sind das deutliche Zeichen, dass der Trainingsschritt zu groß ist. Der Trainingsplan sollte überdacht und weitere Zwischenschritte eingebaut werden.
Haben wir einen Hund, der durch falsch umgesetzte Ruheübungen innerlich vor Anspannung bebt, braucht es nur noch kleinste Trigger und der Hund explodiert. Das Tückische: Dieser angestaute Frust kann sich an anderer Stelle entladen, sodass es schwer ist, den direkten Bezug zu eben solch vermeintlichen “Ruheübungen” herzustellen.
In diesem Kontext bedeutet Pause machen nicht, dass der Hund auf einem bestimmten Platz liegen oder sitzen muss. Es bedeutet, den Hund da abzuholen, wo er steht. Die Aufregung ist nun mal da und lässt sich nicht einfach so wegzaubern. Vor allem dann nicht, wenn der Hund noch keine Strategie gelernt hat. Aber wir können dem Hund durch geschickte Maßnahmen helfen eine passende Strategie zu lernen, sich selbst schnell zu regulieren. Ja, das geht und ja das geht auch schnell. Bambi ist mittlerweile absoluter Weltmeister darin. Er kann das so gut, dass es oftmals sogar reicht, wenn ich – egal wie aufgeregt er ist – hingehe, ihn streichle und gut zurede. Nach wenigen Momenten geht es wieder und wir können entspannt weiterlaufen. Das geht bei ihm, weil ich das schon sehr oft geübt habe. Dadurch, dass ich Bambi in vielen verschiedenen Situationen da abgeholt habe, wo er stand hat er das mittlerweile sehr gut verinnerlicht. Bei Bambi braucht es nur noch wenig Hilfe meinerseits.

Während einer Pause kann man die Zeit auch einfach mal nutzen um miteinander zu kuscheln (sofern der Hund das draußen gerne mag) oder gemeinsam den Ausblick zu genießen. (Bild: Maria Rehberger und Hermine)
FAZIT
Pausen auf dem Spaziergang sind wichtig.
Noch wichtiger ist, wie wir diese Pausen gestalten.
In welchem Kontext reagiere ich wie? Mit dem Hund Ruhe und Gelassenheit zu üben bedeutet nicht, stillzustehen und ihn zu halten bis er aufgibt. Es bedeutet, den Hund dort abzuholen, wo er steht. Ihm die Hilfe zu geben, die er braucht, um sich selbst regulieren zu können.
Für uns Menschen ist pausieren auch wichtig. Auch unser Gehirn lernt. Wenn wir nun überwiegend Pause für den Hund machen, wenn er anstrengend ist, tun wir uns selbst – genau betrachtet – nichts Gutes, denn dann wird Pause machen mit/für den Hund bei uns vielleicht negativ verknüpft.
Deshalb: Besonders bei reaktiven, anstrengenden (entwicklungsbedingt) Hunden, bewusst auch und vor allem dann Pausen einlegen, wenn es am schönsten ist.
Wir selbst dürfen uns, besonders bei herausfordernden Hunden, gerne selbst auch etwas Gutes tun, z.B. auch, in dem bewusst Strecken gewählt werden, wo man mal gemeinsam entspannt laufen kann und Auslöser unwahrscheinlich sind.
Und wenn wir eine Pause an einem wunderschönen Fleckchen Erde machen, unser Hund bestens gelaunt ist, dann kann es bedeuten, ihm einfach 100% Hundefreizeit zu gönnen und selbst die Seele baumeln zu lassen.
So definiere ich Pause machen für mich und für unseren Alltag.

Isometrische Übungen, ruhigen Körperkontakt in Kombination mit bewusster Atmung oder auch TTouch-Griffe können Hunden helfen sich zügig zu entspannen. (Bild: Pumba mit Carolin Hess)